Einen spannenden Einblick in den Wachstumssektor russische Agrarwirtschaft erhielten rund 20 Mitglieder des nifa in einer exklusiven Abendveranstaltung, die das nifa in Kooperation mit der DLG und dem deutsch-russischen Agrarunternehmen Ekosem-Agrar AG veranstaltete. Die Veranstaltung, zu der der nifa-Vorsitzende Gert Stuke neben den Mitgliedern des nifa rund 70 potenzielle Investoren und Agrarunternehmer aus ganz Deutschland begrüßte, fand am Montag, 8. Juli, in Hannover statt.
Stefan Dürr, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Ekosem-Agrar AG, sprach in einem knapp einstündigen Vortrag über die Potenziale großer Agroholdings im Ausland und nahm Stellung zur Landwirtschaft in Deutschland.
Dürr, der als 25-jähriger Student Anfang der 1990er Jahre der erste Teilnehmer eines vom Deutschen Bauernverband vermittelten Praktikantenaustausches mit Russland war, ist heute einer der größten Agrarunternehmer Russlands und Europas. 2018 produzierte sein Unternehmen mit rund 65.000 Milchkühen rund 484.000 Tonnen Milch. Außerdem betreibt das Unternehmen Molkereien, Ausbildungszentren, Pflanzenzüchtung und Saatguterzeugung und bewirtschaftet rund 554.000 Hektar Fläche. Dürr, der inzwischen auch die russische Staatsbürgerschaft besitzt, sieht den russischen Agrarsektor in starkem Wachstum begriffen. Das gilt auch für sein eigenes Unternehmen. Dürr nannte das hohe Vertrauen der Banken in seine „sehr transparente“ Wachstumsstrategie als Vorteil. Außerdem sei die Rechtssicherheit für russische Unternehmen „nicht super, aber besser als der Ruf“. Das russische Rechtssystem sei auf einem guten Weg, so Dürr.
Nach Dürrs Vortrag moderierte das nifa-Mitglied und der Leiter der Agribusiness Initiative des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young, Dr. Christian Janze, die Diskussion mit dem Publikum. Die Importverbote für bestimmte Agrarprodukte als Reaktion auf das Embargo der Europäischen Union hätten zusätzliche Wachstumsimpulse für die Agrarwirtschaft gebracht, meinte Dürr in der Diskussion. Der Sektor wachse in Russland vor allem über die großen Agrarunternehmen und über die vertikale Integration der Produktion. „In zehn Jahren werden diese Unternehmen eine noch wichtigere Rolle spielen als heute schon“, sagte er. Vorteile gegenüber Europa sieht er vor allem in den niedrigeren Lohn- und Bodenkosten. Große Chancen für diese Unternehmen sieht er vor allem auch mit Blick auf die Märkte in Asien. Russische Agrargüter und Lebensmittel hätten dort ein sehr hohes Ansehen. Das gelte besonders auch für Lebensmittel in Bio-Qualität. Auch der russische Verbraucher, vor allem in den großen Städten, wolle „Öko“, so Dürr. Der Spielraum bei der Preisgestaltung für diese Lebensmittel sei größer als in Europa. „Die Bereitschaft, mehr Geld für Bio als für konventionelle Produkte auszugeben, ist höher als in Deutschland“, meint der Unternehmer, der selbst in die Bioproduktion investiert. Chancen für westliche Bio-Importeure sieht er dann, wenn Europa und Russland gegenseitig ihre jeweiligen Bio-Zertifizierungsrichtlinien anerkennen.
Das Schlusswort nach angeregter Diskussion übernahm Carl-Christian von Plate, DLG-Aufsichtsratsmitglied und Landwirt aus Imbshausen bei Northeim. Er dankte insbesondere dem Referenten für einen spannenden Vortrag und interessante Einblicke.